Ein Spaziergang in der

Grafschaft Bentheim


Die Grafschaft Bentheim liegt im Südwesten von Niedersachsen am Dreiländereck Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und den Niederlanden. Ich wurde im angrenzenden Gronau geboren (ihr wisst schon: Die schönste Straße dieser Stadt führt aus ihr heraus) und Teile meiner Familie leben bis heute in diesem Gebiet, genauer in der Namen gebenden Stadt Bad Bentheim.

In den letzten Wochen und Monaten habe ich endlich wieder eine alte Leidenschaft von mir aufgegriffen: Den Spaziergang. Nahezu täglich führen mich meine Schritte in die nähere Umgebung meines Wohnortes. Irgendwann einmal fiel mir dabei auf dass ich dazu neige meine Spaziergänge auszudehnen. Wenn ich mir eine bestimmte Route überlegt habe, dann ertappe ich mich dabei auf dem Weg immer wieder Umwege zu suchen und zu finden und so den Spaziergang weiter auszudehnen. Diese Selbst-Beobachtung und die Erinnerung an einen Spaziergang, den ich vor einigen Jahren rund um Aachen unternommen habe, brachte mich auf die Idee meines diesjährigen Urlaubsplans: Ich wollte spazieren gehen!

Man mag sich nun fragen, was denn daran so besonders sein soll, wenn ich doch, wie oben behauptet, nahezu täglich schon genau das mache. Nun die Idee sah folgendermaßen aus: Ich wollte meinen Hund bei meiner Schwester lassend, von Bentheim aus losgehen, ohne Ziel und ohne Vorstellung davon, wie lange und wie weit ich gehen wollte. Abends sollte dann eine Übernachtungsmöglichkeit gesucht werden, um von dort aus am folgenden Tag den Spaziergang fort zu setzen. Einzig die Möglichkeit jederzeit meine Mutter, die Pensionärin ist, anrufen zu können, um mich wieder nach Bentheim zu holen war vorher verabredet

Am Dienstag, dem 24.7.2018, war es dann so weit.

Nach dem gemeinsamen Frühstück (man erkennt noch die Kaffeetasse), wurden die wichtigsten Utensilien in einen Seesack gepackt und der Spaziergang konnte los gehen. Mein erstes Ziel war der sogenannte Hutewald. Dieser liegt nördlich von Bentheim und daher musste als erstes die Stadt durchquert werden, da meine Schwester im Süden von Bad Bentheim lebt. Als eher geeignetes Startfoto bot sich daher eine Abbildung der Burg von Bad Bentheim an:

Weiter nach Norden, aber immer noch in der Stadt Bad Bentheim durchquerte ich den Spielplatz im sogenannten Schlosspark, der meinen Söhnen sicherlich in Erinnerung sein wird.

Nach einem kurzen Abstecher durch den Kurpark von Bad Bentheim gelangte ich schließlich zu dem Eingangsgatter des Hutewalds.

Dieser gehört zum Tierpark Nordhorn und stellt eine Rekonstruktion einer alten Form der Tierhaltung dar. In dieser Gegend Deutschlands wachsen vornehmlich eine Eichenart, Eschen und vor allem Hainbuchen. Teile dieser Hainbuchen-Wälder wurden abgegrenzt und die Stämme der Bäume mit Zäunen geschützt. Abschließend wurden die Zweige der Hainbuchen geschnitten und die in den Bereich entlassenen Rinder und Ziegen ernährten sich von den abgeschnittenen Zweigen dieser Bäume.

Diese Form der Viehhaltung wurde nun im Hutewald von Bad Bentheim mit Galloways und Ziegen vom Tierpark Nordhorn wieder aufgenommen

Da der Wald, abgesehen von der Beweidung durch die Tiere und die Beschneidung der Hainbuchen nicht weiter bewirtschaftet wird, ergibt sich eine ganz eigene Landschaft, angesiedelt zwischen Kulturlandschaft und unberührter Natur.

Als erneute Reminiszenz an meine Söhne und hier vor allem an Enzo sei auch nicht verschwiegen, dass der Wald eigentlich Mistkäferwald heißen müsste.

Am Nordrand des Hutewalds verließ ich den Rundweg und folgte einem Wegweiser nach Isterberg. Eigentlich hatte ich nach Schüttorf gehen wollen, aber gemäß der Art meines Vorhabens störte es mich nicht, dass kein Weg nach dort ausgeschildert war. Ich folgte dem Weg durch den Wald und geriet nach einiger Zeit an eine Bahnlinie, die quer zu meiner Marschrichtung verlief.

Ein Weg führte parallel zu dieser Bahnlinie und ich musste mich zwischen links und rechts entscheiden. Ich entschied mich für 'rechts' und landete einige hundert Meter weiter wieder im Kurpark von Bad Bentheim, den ich erst vor einer dreiviertel Stunde verlassen hatte. Allerdings konnte ich dort endlich die Bahnlinie queren und folgte dann weiter einem Weg, der, der Sonne nach, wieder in Richtung Schüttorf zu führen schien. Bevor der Weg aus dem Wald heraus führte und damit das Ende des kühl-schattigen Weges anzeigte, machte ich meine erste Pause auf einer Bank.

Nun ging es hinaus in die sonnenbeschienenen Felder. Die Meteorologen hatten die erste richtige Hitzewelle des Jahres angekündigt und obwohl es erst halb zehn war, zeigte das Thermometer schon 25o Celsius.

Trotz der schon bestehenden Hitze sah ich Damwild, das auf einer Wiese am Wegesrand äste. Auch gefiel mir ein verwunschenes Haus, das irgendwo im Nichts zwischen den Orten am Rand des Waldes stand.

Aber dann, gegen halb elf, erreichte ich den ersten Ort meines Spaziergangs, Schüttorf. Dort machte ich die erste ausgedehntere Rast meines Spaziergangs und nahm erst mal ein zweites Frühstück ein. Im Gegensatz zu meinen sonstigen Gewohnheiten trank ich dazu drei große Gläser Leitungswasser, denn ab nun wurde es wirklich heiß und wegen des Gewichts hatte ich nichts zu trinken dabei.

Nachdem mich das Frühstück im Schatten ein wenig abgekühlt hatte, überquerte ich die Vechte und verließ Schüttorf in nördlicher Richtung.

Kurz hinter dem Ort erlag ich beinahe der Versuchung mein Vorhaben abzubrechen. Eine Badehose, die nicht so viel wiegt, wie eine Flasche Wasser, hatte ich dabei und der Quendorfer See lockte mich seinem kühlen Nass.

Es wurde heißer und heißer und dazu war ich gezwungen ein Teil meiner Strecke über die Landstraße zu laufen. Immer wieder hielt ich an Höfen oder Häusern und bat um ein Glas Wasser, das mir immer und immer freundlich gewährt wurde, aber dennoch verschafften mir die beiden obigen Umstände eine sehr nette Begebenheit des Spaziergangs.

Nach einigen Kilometern war ich so durchgeschwitzt und matt, dass ich eine Pause machen musste. Die Landstraße bot allerdings praktisch keine günstige Gelegenheit dazu. So sehr ich auch Ausschau hielt, nirgends eine Möglichkeit sich hinzusetzen und auszuruhen und so beschloss ich, es in alter Väter Sitte zu tun. Ich stellte meinen Seesack ab und setzte mich einfach an einen der Alleebäume in den Schatten. Den Hut abgesetzt lehnte ich mich einfach an den Baumstamm und schloss die Augen gegen das gleißende Sonnenlicht und gab mich ganz der leichten Brise hin, die ich beim Gehen nicht spüren konnte, denn sie wehte in die gleiche Richtung und in der gleichen Geschwindigkeit, mit der ich unterwegs war, so dass ich praktisch in Windstille ging.

Schon nach wenigen Minuten musste ich die Pause abbrechen. In kürzester Zeit hielten sieben Autos an, denen Menschen mit Wasserflaschen und Handys entstiegen, die dann mit aufgeregter Miene auf mich zu gingen, weil sie dachten, ich wäre zusammen gebrochen.

Ich klärte sie alle auf und erreichte dadurch bei ihnen frohe Gesichter. Die meisten waren einfach nur überrascht, dass ein Mensch zu Fuß durch die Landschaft unterwegs war, fanden die Vorstellug dann allerdings ausgesprochen gut und fuhren froh wieder ihrer Wege. Wenn irgendjemand behaupten sollte, in Deutschland lebten keine freundlichen und hilfsbereiten Menschen - ich hab das Gegenteil erlebt.

Immer weiter nach Norden führte der Weg und auch, wenn es nicht der Schwarzwald war, war ich immer wieder überwältigt von der Landschaft. Leider ist es mit Fotos nur unzureichend möglich diesen Eindruck wieder zu geben.

Endlich konnte ich die Landstraße wieder verlassen und folgte anderen Wegen die nicht so laut und von Abgasen durchtränkt waren.

Immer wieder fand ich wunderbare, alte Höfe, deren Größe und gepflegter Zustand davon zeugen, dass die Grafschaft Bentheim sicherlich nie zum Armenhaus Deutschlands gezählt wurde.

Nach langen Stunden des Gehens erreichte ich die nächste Ortschaft: Engden. Ein wunderbarer kleiner Ort, der mitten zwischen Feldern gelegen ist.

Schon seit Ende des 30jährigen Krieges verlief die Grenzlinie zwischen Protestanten und Katholiken östlich der Gegend, durch die ich spazierte und ich befand mich auf tief-protestantischem Gebiet. Um so erstaunter war ich, als ich sah, dass die Dorfkirche von Engden katholisch ist. Später erfuhr ich, dass es sich tatsächlich um die einzige katholische Enklave der Gegend handelte.

Parallel zu der Straße, die durch Engden führt, fließt ein Bach. Auf meinem Weg zu der Kirche sah ich an diesem Bach sicherlich ein Dutzend Eisvögel. Leider ist es mir nicht einmal gelungen einen dieser herrlichen Tiere zu fotografieren.

Unmittelbar neben der Kirche von Engden liegt eine entzückende kleine Dorfwiese, die von einer Hecke umgeben ist und die einen Springbrunnen (den ich nahezu ausgetrunken habe) im Zentrum stehen hat. Es war nun fast unerträglich heiß (später am Tag erfuhr ich, dass das Thermometer an diesem Tag in dieser Gegen 36o erreichte) und neben der Wiese bewässerte ein Mann ein paar Blumen und Büsche.

Ich spielte mit dem Gedanken es für den Tag gut sein zu lassen, denn es wurde immer heißer und ich hatte auch schon etwas mehr als zwanzig Kilometer hinter mir. Noch war ich unschlüssig, denn eigentlich war es ja noch recht früh. Ich begab nich daher nicht zu dem Hotel des Ortes sondern quatschte ein wenig mit dem wässernden Mann. Mehr im Spaß sagte ich, dass die Dorfwiese ja geradezu zu einem kleinen Nickerchen einladen würde, worauf er nur kurz den Kopf hob und meinte: "Mach doch!"

Gesagt getan legte ich mich auf der Dorfwiese in den Schatten und schlief erst einmal bis gegen drei Uhr. Nachdem ich wieder aufgewacht war, war mein Entschluss eigentlich gefasst in Engden zu bleiben. Wie groß mein Schreck, als ich sah, dass das Hotel geschlossen war: Ruhetag. Selbst wenn ich dort ein Zimmer bekommen sollte, wäre es wohl nichts mit der Versorgung mit Essen und Trinken gewesen. Es hieß also: Weiter!

Meine Karte wies nordöstlich ein Gebiet mit dem Namen 'Engdener Wüste' aus. Das hörte sich in dieser reiche bewaldeten Gegend doch ein bisschen seltsam an und daher wählte ich am Ortsrand von Engden den Weg in die Wüste.

Die Temperaturen stimmten, der Asphalt warf Blasen. Ich fasste einen folgenschweren Entschluss, der allerdings in der Situation auch keine Alternative hatte: Ich zog meine Sandalen an und ging 'beschuht' weiter. Ein Entschluss, den ich später bitter bereute, weil er zu einem vorzeitigen Ende meines Spaziergangs führen sollte.

Was macht die Engdener Wüste zu einer 'Wüste'?

Kaum hatte ich Engden verlassen, betrat ich eine andere, eine neue Welt. Bisher folgten im Abstand von einem bis zwei Kilometern ein Hof oder ein Haus dem anderen. Auf den insgesamt acht Kilometern durch die Engdener Wüste steht kein einziges Haus! Aber nicht nur, dass die Wüste kein Haus enthält (zumindest keins, das ich gesehen habe). Es ist auch unnatürlich still. Man hört keinen Vogel, Autos sind mir (praktisch) auch nicht begegnet und auch sonst nichts, was sich in irgendeiner Art akustisch bemerkbar machen wüsre. Es kann sein, dass die Stille auch eine Folge der Hitze war, aber die Landschaft und die Stille sind einfach überwältigend und ich kann jedem nur raten einmal in seinem Leben zu Fuß durch die Engdener Wüste zu gehen. Ich war so beeindruckt, dass ich nach der Rückkehr erst bemerkte, dass ich auf dem langen Weg wirklich nur ein einziges Foto gemacht habe.

Gegen halb sechs erreichte ich endlich Emsbüren und damit, nach circa 30 Kilometern das Ende meiner Tagesetappe. Ich fand ein nettes Hotel und ging, nachdem ich mich ausgiebig und kalt geduscht hatte noch durch den Ort, aß ein Eis und anschließend nach einem kleinen Rundgang noch bei einem freundlichen griechischen Restaurant zu Abend, bevor ich gegen zehn zu Bett ging.

Um halb sieben am Morgen bin ich der erste im Frühstücksraum des Hotels. Meinen Seesack habe ich schon mitgebracht und gleich nach meinem Ei, meinen Brötchen und meinem Kaffee bin ich schon wieder draußen. Es gilt jede Minute, die man mit viel gutem Willen noch als kühl bezeichnen kann, zu nutzen. Die Sandalen haben an meinen Füßen einige Blasen hinterlassen, von denen einige auch schon geplatzt sind. Heute werde ich die nicht mehr anziehen können und verlasse daher wieder barfuß Emsbüren.

Ich hielt mich westlich in Richtung Ems. Der Fluss liegt weiter vom Ort Emsbüren entfernt, als ich gedacht habe. Vorher erreichte ich noch den Ortsteil Mehringen, der durch seine Großsteingräber bekannt ist, mir aber den Anblick seiner Windmühle im frühen Morgenlicht schenkte.

In diesem Bereich mäandert die Ems sehr stark, während der begleitende Weg nahezu schnurgerade verläuft. Daher geht man immer abwechselnd durch Wälder oder am Flussufer entlang. In einem der Stücke, bei denen die Ems nicht sichtbar ist, wollte ich Rast machen und fand ein sehr seltsames Gebäude. Zuerst hatte ich gedacht, dass es sich um eine alte Telefonzelle handelt und möglicherweise ist das auch so, aber im Inneren dieser "Telefonzelle" sah es deutlich anders aus, als man das in so einem Fall erwartet. Zuerst sah ich nur die herunter hängenden Drähte und ging davon aus, dass das ursprüngliche Telefon heraus gerissen war. Dann aber sah ich hochmoderne Geräte und Anzeigen in dieser "Zelle", die nicht zu dem sonst eher als unaufgeräumt zu bezeichnenden Inneren passten.

Was es war? Ich konnte es nicht heraus finden.

Wesentlich leichter war das dann, als mich ein Schild vom geraden Wege abbrachte. Dieses Schild gab an, dass es eine Fähre über die Ems gäbe.

Nun muss man wissen, dass ich ein begeisterter Fähren-Fahrer bin. Wann immer sich die Gelegenheit ergibt, fahre ich mit einer Fähre. Flugs holte ich daher meine Karte aus meinem Seesack und sah nach, ob ich auch auf der anderen Ems-Seite weiter gehen könnte - ein eigentliches Ziel hatte ich ja nicht.

Der Weg diesseits der Ems war in der Karte als besonders schön gekennzeichnet (und das war er auch), aber auch auf der anderen Emsseite konnte ich gehen und das sogar durch einen Wald, was wegen der beginnenden Wärme (es war ungefähr neun Uhr), sicher angeraten erschien.

Ich bog also vom Weg ab und machte mich auf in Richtung der in 500m (gemäß Schild) liegenden Fähre.

Leider wurde nichts aus meiner Fährfahrt. Der Fährbetrieb sollte erst gegen 11 Uhr starten und zwei Stunden zu warten, nur um dann einige Minuten Fähre zu fahren, war mir zu lang. Zumal es mit jeder Minute wärmer wurde.

Aber trotzdem war der Abstecher interessant. Ein Informationsschild wies darauf hin, dass die Fähre durch die Betreiber des in der Nähe liegenden Atomkraftwerks Lingen ermöglicht und unterstützt wurde. Auch ne Art von PR!

Darüber hinaus ist das Flusstal der Ems an dieser Stelle ziemlich flach, so dass ich zumindest mit einem herrlichen Blick über die Ems entlohnt wurde. So deutlich und weiträumig konnte man den Fluss sonst nicht sehen.

Nachdem ich die Fähre wieder verlassen hatte, floss die Ems wieder weiter vom Weg entfernt. Aber auch ohne Fluss ist die Gegend einfach nur atemberaubend, wenn man denn Zeit hat, sie sich anzusehen.

Das mit der Zeit zum Ansehen ist allerdings so eine Sache. Mittlerweile war es halb zehn und die ersten Fahrradtouristen fuhren über meine Strecke.

Über Fahrradtouristen sollen hier ein paar Worte verloren werden. Diese Worte sind sicher nicht repräsentativ, subjektiv wertend und vielleicht sogar in dem einen oder anderen Fall ungerecht. Wem das nicht passt, der sollte den nächsten Abschnitt nicht lesen.

Fahrradtouristen erkennt man schon von weitem daran, dass sie einen Helm tragen - immer! Ich habe sogar solche Touristen gesehen, die auf einem Bahnsteig über eine Viertelstunde (so lange habe ich sie beobachten können) auf einen Zug warteten, ihre Fahrräder und das Gepäck abgestellt, aber dennoch mit dieser Mütze auf dem Kopf. Wers braucht? Die Einheimischen, die mir teilweise auch begegneten, trugen jedenfalls keine oder seltener Helme.
Soweit sie unter 25 Jahre alt sind kann man weiter davon ausgehen, dass sich irgendein Musikgerät in ihr Ohr gestöpselt haben, das so laut aufgedreht ist, dass man als überholter oder entgegenkommendet Fussgänger schon meilenweit vorher und nachher gezwungen ist die Musik mitzuhören.
Dann ist es Fahrradtouristen prinzipiell unmöglich hintereinander zu fahren. Das gilt auch dann, wenn ein Fussgänger entgegen kommt oder überholt werden soll. Wenn der Weg zu eng ist, als dass man aneinander vorbei kommt, ist man als Fussgänger sehr gut beraten ein, zwei Schritte neben den Weg zu treten und zu warten, bis der Pulk vorbei ist.
Am interessantesten fand ich allerdings, dass Fahrradtouristen nicht gucken. Oder wenn, dann stur geradeaus. Ich fand eine besonders hübsche Stelle, an der die Ems bis fast an den Weg heran reichte und machte eine kleine Pause (Zigarette und Foto, das allerdings leider den Charakter der Stelle nur unzureichend wieder gibt). Während meiner kurzen Rast fuhr so eine Gruppe Fahrradtouristen ebenfalls an der Stelle vorbei. Nicht einer der circa zwanzig Leute würdigte den Fluss auch nur mit einem Blick.
Wieso fährt man in die Natur, wenn man sie dann nicht wahrnimmt? Ignoranter gegenüber ihrer Umwelt sind nur die Jogger!

An einer Stelle meines Spaziergangs war der Kontrast zwischen dem, was man sonst so wahrnimmt und dem, was mir der Spaziergang gegeben hat, besonders deutlich. Der Weg unterquerte eine Autobahn.
Ich bin diese Autobahn in meinem Leben schon des öfteren gefahren und habe dabei auch schon öfter das Schild gelesen, das angibt, dass man die Ems überquert.
Bei den Autobahnfahrten war mir allerdings nie aufgegangen, wie schön die Umgebung eigentlich ist. Von dort aus unterscheidet sich die Umgebung eigentlich durch nahezu nichts von anderen Umgebungen, die weter vor oder zurück liegen. Wie ander sieht die Welt aus, wenn man zu Fuß unterwegs ist.

Es ist allerdings nicht nur die Natur. Erstmalig sah ich einen Bauernhof, der Puteneier zum Kauf anbot. Der "Tierpark" am Wegesrand, der außer den zu sehenden Hühnern und Gänsen auch noch ein Schaf und ein paar Ziegen enthielt, fällt besonders durch seinen pittoresken Stall aus einem ausrangierten Wohnwagen auf.

Leider war kurz danach mein Spaziergang zu Ende. Es war ungefähr halb zwölf, als ich Salzbergen erreichte. So langsam wurde der Boden wieder so heiß, dass ich barfuß nicht darauf laufen konnte. Ich hatte die Alternative mir in Salzbergen eine Unterkunft zu suchen und den Rest des Tages dort zu verbringen, oder den Spaziergang abzubrechen. Aufgrund der Blasen, die ich mir am Vortag an den Sandalen gelaufen hatte, war nicht daran zu denken diese wieder anzuziehen (auch nicht mit Pflaster und Leukoplast).

Salzbergen ist (trotz der Baustelle im Zentrum) viel niedlicher, als es die Durchfahrt am Ortsrand entlang vermuten lässt, aber sicherlich nicht den Aufenthalt eines ganzen Tages wert. Dass die Ortschaft Ohne, bei der das ganz anders ausgesehen hätte, nur sechs Kilometer entfernt lag, die ich sicherlich noch hätte gehen können, habe ich in der Situation nicht erfasst und daher meine Mutter angerufen, damit sie mich abholen kommen sollte.